Oh du schönes Arequipa
Wunderschöne Architektur. Ein trubeliger Markt. Tolle Natur drum rum. Herrlich nette Menschen. Und mein erstes richtiges Zuhause auf meiner Reise durch Peru. Arequipa ist eine Stadt zum Gernhaben, die ich nur schweren Herzens verlassen habe.
Aprendo español
Einen Monat lang bin ich jeden Morgen fleißig zur Schule gegangen. Vier Stunden Spanisch standen pro Tag auf dem Programm. Theoretisch kann ich jetzt alle Zeiten, Befehlsformen, verschiedene Konjunktive und sogar das überaus nervige „Subjuntivo“ anwenden. Die Betonung liegt allerdings tatsächlich auf „theoretisch“. Denn auch wenn mir die Regeln prinzipiell bewusst sind, im täglichen Sprachgebrauch fallen mir die x-verschiedenen Konjugationen der Verben dann häufig leider doch nicht ein. Egal: In der Regel verstehe ich was die Leute mir zu sagen versuchen und bin auch in der Lage zu antworten – mal eloquenter, mal nicht so.
Außerdem hatte ich zwei ganz fantastische Lehrerinnen, von denen ich nicht nur grammatikalisch auf Vordermann gebracht wurde, sondern gleich auch noch jede Menge über Peru allgemein und Arequipa im Speziellen lernen durfte.
Arequipeños sind zurecht stolz auf ihre Stadt. Darum heißt es beispielsweise: Ein „echter“ Arequipeño räumt seinen Müll weg. Immer mal wieder hört man laute Musik durch die Straßen dröhnen. Das ist dann für die Anwohner das Signal: Müll raus! Wer den Wagen verpasst, nimmt seine Tüten wieder mit ins Haus und wartet bis zum nächsten Tag. Ich fand das System zwar etwas eigenartig, aber da Arequipa bisher die sauberste Stadt war, die ich auf meiner Reise hier gesehen habe, würde ich mal sagen: Das Konzept funktioniert.

Die weiße Stadt
Zugegeben: Anfangs habe ich die Stadt etwas mürrisch als „graue Stadt“ bezeichnet, weil es einfach non-stop geregnet hat. Und ja, der Regen war doll und mitunter auch sehr nervig (dann z.B. wenn aufgrund des starken Regens keine Taxis fahren – also genau dann, wenn man wirklich eines brauchen würde ;-).
Aber ich wurde besänftigt: Von den angeblichen 10 Monaten Sonne im Jahr, habe ich auch etwas abbekommen. Und dann ist Arequipa wirklich schön. Erster unausweichlicher Hingucker ist die Kathedrale mitten auf der Plaza de Armas. Gebaut ist sie wie vieles hier aus weißem Tuffstein (sillas), der irgendwie von den nahe gelegenen Vulkanen stammt (da ich die Tour nicht mitgemacht habe, kann ich den Prozess leider nicht erklären). Die hübschen Arkaden rund um den Platz sowie die zahlreichen schönen Nebenstraßen machen das Zentrum von Arequipa zu einem Ort, an dem man gern ist. Praktischerweise habe ich genau dort gewohnt – im B&B Los Andes.
Wenn man etwas spazieren geht, kann man z.B. über die Puente Grau auf die andere Flussseite gelangen und Stadtteile wie Yanahuara oder Cayma besuchen. Der Mirador de Yanahuara bietet einen herrlichen Ausblick über die Stadt mit gleichzeitigem Blick auf einen der schneebedeckten Vulkane im Hintergrund. Postkartenmotiv.
Eine Stadt in der Stadt
Vollkommen fasziniert war ich vom hiesigen Kloster. Das „Convento Santa Catalina“ ist nicht nur wunderschön, es herrschten da früher auch völlig verrückte Regeln. Wer dort leben wollte, durfte das Kloster nie wieder verlassen. Besucher konnten (selten) empfangen werden, aber man war durch eine Holzwand mit Löchern getrennt. Kleinere Gegenstände konnten durch ein Drehding ausgetauscht werden. In der „Lernphase“ durften die angehenden Nonnen zudem nur mit den anderen Novizen sprechen. Das hat die Auswahl der Gesprächspartner auf 6 beschränkt. Denn es gab maximal 7 Novizen gleichzeitig, die in einem speziellen Bereich untergebracht waren, den sie nicht verlassen durften.
Nun ist das Kloster, aber nicht einfach ein Kloster. Wir sprechen hier von einem 20.000m² großen Grundstück mit mehreren Kirchen, Häusern, Gassen und und und. Santa Catalina wird als „Stadt in der Stadt“ bezeichnet. Zurecht. Und wenn man erstmal Nonne war, dann war das Leben auch ganz angenehm. Die Nonnen hatten sogar Dienerinnen. Im 17. Jahrhundert haben dort rund 500 Nonnen plus Personal gelebt.
Bis 1970 war das Kloster praktisch hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt. Heute leben noch rund 50 Nonnen auf dem Gelände. Aber da sie auch in der richtigen Stadt umherlaufen und ich als Tourist fröhlich in die Anlage hereinspazieren durfte, dürfen wir davon ausgehen, dass die strengen Regeln heute nicht mehr gelten.
Von Natur umschlungen
Arequipa ist wunderschön, aber die Natur drum herum ist es erst Recht. So ziemlich jeder Touri hier macht sich ja für ein bis drei Tage auf zum Colca Cañon – so wie ich. Deutlich weniger Leute besuchen aber das „Reserva Nacional de Salinas Aguada Blanca“. Ein Fehler! Denn dieser Park hat richtig was zu bieten, z.B.: eine atemberaubende Salzlagune inklusive Spiegeleffekt (weil Regenzeit und deshalb gerade nicht trocken und weiß, sondern nass und spiegeligl), einen Mini-Vulkan, wilde Vicuñas & Flamingos (und allerhand anderes Wildtier) und eine insgesamt total verrückte Landschaft mit stacheligem Gras, Felsgestein und schwefelhaltigen Wasserlöchern.
„Ich will hier gar nicht weg“
Das habe ich Marina geschrieben, als ich mich morgens um 6:15 Uhr auf den Weg zum Busterminal gemacht habe. Mit Marina (auch eine Sprachschülerin) habe ich zwei Wochen lang fast täglich irgendwas unternommen.
Dann durfte ich 1 1/2 Wochen vor Abreise noch Paola kennen lernen. Was für ein Glücksfall. Paola ist Arequipeña und an Freundlichkeit nicht zu überbieten. In 1 1/2 Wochen haben wir verschiedenste Bars aufgesucht, eine Gratis-Tanzstunde im Bachata absolviert, den Geburtstag ihrer jetzt 11-jährigen Nichte in Camanà (an der Küste) gefeiert, einen Strandausflug mit der gesamten Familie unternommen und mit ihrer Mama zu meinem Abschied Lasagne gegessen. Außerdem haben wir ausschließlich auf Spanisch gesprochen, was mich zwar nicht immer zum spannensten Gesprächspartner gemacht, mir aber vokabularisch viel geholfen hat.
Dann kam noch die Judotruppe und meine Lehrerinnen hinzu… Ich habe hier einfach super tolle Menschen kennengelernt. Mit Schule, Arbeit und Training hatte ich zudem so etwas wie einen Alltag. Auf dem Markt habe ich eingekauft und im Starbucks gearbeitet (da war das W-Lan am besten). Kurzum: In Arequipa habe ich mich das erste Mal wirklich zuhause gefühlt.









